Rechtsanwalt Carsten Seeger: Das Bauvertragsrechts des BGB

Neue Regelungen mahnen zur Vorsicht!

Das aktuelle Bauvertragsrecht, dass durch das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrecht im Jahr 2017 geändert wurde, hat eine Anzahl von tiefgreifenden Änderungen erbracht, die bei den am Bau tätigen Unternehmen noch nicht so richtig angekommen sind. Dies zeigt sich erst dann, wenn ein rechtliches Problem tatsächlich eintritt. Das neue Bauvertragsrecht ist auf die nach dem 01.01.2018 geschlossenen Bauverträge anwendbar. Nur die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Bauverträge unterliegen dem neuen Recht. Alle Bauunternehmer sollten sich einen kurzen Überblick über das neue Bauvertragsrecht verschaffen.

Bislang galt, dass im BGB-Werkvertragsrecht eine Rechnung dann fällig war, wenn die Abnahme erfolgt ist. Das ist jetzt anders und wurde für den Rechtssuchenden nicht gerade transparent in der Vorschrift des § 650g Abs. 4 BGB geregelt. Solche kleinen Buchstaben hinter Paragrafen können tückisch sein und zeigen auf, dass sie in das Gesetz neu eingefügt wurden. Dort heißt es, dass die Vergütung zu entrichten ist, wenn der Besteller das Werk abgenommen hat oder die Abnahme nach § 641 Abs. 2 BGB entbehrlich ist und der Unternehmer dem Besteller eine prüffähige Schlussrechnung erteilt hat. Die Prüffähigkeit der Rechnung ist jetzt zusätzliche Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung.

Mithin gibt es nunmehr auch im BGB-Vertrag zwei Voraussetzungen für die Fälligkeit des Werklohns: (1.) Prüffähigkeit der Schlussrechnung und (2.) Abnahme. Dies ist nunmehr wie beim VOB-Vertrag geregelt. Das Gesetz spricht von Schlussrechnung, was jedoch nicht näher im Gesetz definiert ist. Von einer solchen Schlussrechnung ist auszugehen, wenn der Unternehmer durch die Rechnungslegung zu erkennen gibt, welche Vergütung er wegen seiner Leistungen endgültig gegen den Auftraggeber beansprucht. Keine Schlussrechnung liegt vor, wenn die Rechnung als Abschlagsrechnung bezeichnet wird oder erkennbar ist, dass mit ihr nicht die Gesamtleistung abgerechnet wird. Die Schlussrechnung zeichnet aus, dass mit ihr die Gesamtleistung der erbrachten Arbeiten durch den Auftragnehmer abgerechnet werden soll. Aus dem Gesetz ergibt sich, dass die Schlussrechnung prüffähig sein muss. Nach dem Gesetz ist eine solche Schlussrechnung prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistung enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist. Maßgeblich ist letztlich das Informationsinteresse des Auftraggebers, die Schlussrechnung nachvollziehen und nachprüfen zu können. Bei Einheitspreisverträgen ist demnach regelmäßig erforderlich, die erbrachten Einzelleistungen nach Zahl und Menge konkret zu bezeichnen und mit einem Aufmaß zu hinterlegen. Da gibt es keine Unterschiede zum VOB-Vertrag. Neu ist weiter eingeführt, dass eine Schlussrechnung nach § 650g Abs. 4 S. 3 BGB als prüffähig gilt, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben hat.

Eine begründete Einwendung des Auftraggebers kann nur so aussehen, dass er zu einzelnen Positionen der Rechnung konkrete Beanstandungen vorbringt. Dagegen ist nicht ausreichend, wenn der Auftraggeber nur hingeht und die Prüffähigkeit pauschal bestreitet.

Diesem Irrsinn des pauschalen Bestreitens hat der Bundesgerichtshof schon Anfang 2000 ein Ende bereitet, da dies skurrile Formen angenommen hat. Seitdem muss bei einem VOB Vertrag der Auftraggeber konkrete Einwendungen und Beanstandungen vorbringen. Das hat auch der Gesetzgeber so gesehen und in diese Vorschrift übernommen. Mithin ist festzuhalten, dass eine pauschale Rüge fehlender Prüffähigkeit weder beim VOB-Vertrag noch beim BGB-Vertrag für den Auftraggeber erfolgsversprechend ist. Von der Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist die Richtigkeit der Schlussrechnung zu unterscheiden. Dies ist bis heute einigen Auftraggebern schwer klarzumachen. Denn viele Auftraggeber gehen hin, prüfen die Schlussrechnung und schicken diese unbearbeitet mit dem Hinweis zurück, dass die Schlussrechnung nicht richtig sei und fordern den Auftragnehmer gleichzeitig auf, endlich eine richtige Schlussrechnung zu stellen. Dieses Verlangen des Auftraggebers ist unsinnig und nicht gesetzeskonform. Es ist schon erstaunlich, auf welche Ideen Auftraggeber kommen, um den Fälligkeitszeitpunkt der Zahlung nach hinten zu schieben. Hierauf muss sich der Auftragnehmer nicht einlassen. Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, eine neue Rechnung auszustellen. Vielmehr ist es so, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, die Schlussrechnung des Auftragnehmers zu prüfen und wenn er nach seiner Meinung Unrichtigkeiten feststellt, die entsprechenden Positionen zu kürzen. Der Auftraggeber hat keinen Anspruch auf eine richtige Schlussrechnung. In diesem Zusammenhang sollte der Auftragnehmer immer von einem gewerblichen Auftraggeber ein Prüfexemplar zurückfordern, um sich gegen die Kürzungen besser zur Wehr setzen zu können. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber mit der Rücksendung des Prüfexemplars dokumentiert, dass die Rechnung prüffähig war. Mit dieser Einwendung ist er dann auf jeden Fall ausgeschlossen.

In dem Zusammenhang soll ein vom Landgericht Konstanz, Urteil vom 19.02.2020 – 3 O 138/19 vorgestellt werden, der den Kern der Vorschrift des § 650g Abs. 4 BGB beschreibt. Bei diesem Urteil geht es um Stundenlohnarbeiten. Auch Stundenlohnarbeiten sind prüfbar nach dieser Vorschrift abzurechnen, was in der Baupraxis oft verkannt wird. In dem Fall ging es um die Ausführung von Bauleistungen im Stundenlohn für ein Mehrfamilienhaus. Der Auftragnehmer geht hin und stellt neun Rechnungen über insgesamt 250.000,00 €. Grundlage für die Rechnungen sind Stundenlohnzettel, die vom Architekten des Auftraggebers abgezeichnet werden. Diese Rechnungen werden zunächst in voller Höhe bezahlt. Jedoch bezahlt der Auftraggeber drei weitere Rechnungen über insgesamt 187.000,00 € nicht mehr. Die Stundenlohnzettel enthalten zum Teil nur Schlagworte wie Abbruch und Trockenbau. Auch diese Stundenlohnzettel werden vom Architekten abgezeichnet. Der Auftragnehmer klagt den ausstehenden Betrag ein und verliert. Das Landgericht kommt zu dem richtigen Schluss, dass keine prüfbare Schlussrechnung nach § 650g Abs. 4 BGB vorliegt. Die VOB/B war nicht vereinbart, so dass automatisch das BGB-Bauvertragsrecht Anwendung findet. Danach hätte der Auftragnehmer diese drei Rechnungen in eine prüffähige Schlussrechnung zusammenfügen müssen. Das Landgericht entscheidet, dass auch die Prüffähigkeit nicht vorliegt, da die Arbeitsberichte für den Auftraggeber nicht nachvollziehbar sind. Denn die Prüffähigkeit ist nur gegeben, wenn dem Informationsinteresse des Auftraggebers Rechnung getragen wurde. Was nicht nachvollziehbar ist, ist nicht prüffähig.

Das Urteil macht deutlich, wie wichtig die saubere Dokumentation der erbrachten Leistungen für den Bauvertrag ist, sei es, dass es sich um ein BGB- oder VOB-Vertrag handelt. Deshalb ist es ganz entscheidend, das Stundenlohnzettel oder Arbeitsberichte Tatsachen enthalten, aus denen sich die jeweils geleisteten Arbeitsstunden, die eingesetzten Personen, auch hinsichtlich ihrer Funktion, die Art des Einsatzes und die konkret erbrachten Arbeiten und die Zeiten ergeben. Nur dann, wenn angegeben ist, welche Leistungen in welchem Zeitabschnitt erbracht worden sind, kann der Auftraggeber überprüfen, ob der für diese Arbeitsleistung geltend gemachte Aufwand angemessen ist oder nicht. Dies muss hinterher ein gerichtlich bestellter Sachverständiger nachvollziehen können. Nur dann sind solche Stundenlohnzettel oder Arbeitsbericht brauchbar. Denn der Auftragnehmer muss sich vergegenwärtigen, dass ein gerichtlicher bestellter Sachverständiger anhand der Pläne nachvollziehen muss, wann und wo mit welchen Personen was gearbeitet wurde. Mithin gilt das Augenmerk des Auftragnehmers bei Abfassung solcher Arbeitsberichte oder Stundenlohnzettel darauf zu richten, dass auch im Nachhinein der Bauablauf vom Arbeitsbericht Nr. 1 bis Arbeitsbericht Nr. 115 wie ein roter Faden nachvollzogen werden kann. Nur dann sind solche Arbeitsberichte bares Geld wert. Ansonsten sind sie was für die Tonne.

Leider finden sich in der Baupraxis oftmals nur unzureichende Arbeitsberichte. Deshalb sollte jeder Auftragnehmer seine Mitarbeiter anhalten, ganz korrekt ausgefüllte Arbeitsberichte aufzustellen. Ansonsten verliert man viel Geld und ist auf den guten Willen des Auftraggebers angewiesen, der jedoch meist nicht vorliegt.

Carsten Seeger

Fachanwalt für Fußbodentechnik

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Rechtsanwalt Carsten Seeger ist jetzt auch auf Youtube unter der Überschrift SEEGER – So geht Baurecht! zu finden. Weiter betreut er die private Gruppe Fußbodentechnik + Recht auf Facebook zu welcher er die Mitglieder des ZVR herzlich einlädt.