Die allgemein anerkannten Regeln der Technik – was heißt das überhaupt?

Was man als Bodenleger hierbei beachten muss.

Es fragt sich, was ich als Bodenleger im Zusammenhang mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik überhaupt beachten muss. Dies muss man zunächst rechtlich richtig einordnen. Das ergibt sich aus § 633 BGB. Nach dem Abs. 1 hat der Unternehmer dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Nach Abs. 2 ist das Werk dann frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Parteien grundsätzlich eine ganz bestimmte Art der Leistung und Ausführung vereinbart haben.

Ist eine solche explizite Beschaffenheit nicht vereinbart, so geht es in der Vorschrift weiter, in dem es heißt, dass das Werk frei von Sachmängeln ist, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte und ansonsten für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten kann. Grundsätzlich ergibt sich aus der gesamten Vorschrift, dass ein Werk auf jeden Fall technisch dauerhaft funktionstauglich sein muss und dies beinhaltet, dass das Werk auf jeden Fall den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss.

Also sind diese allgemein anerkannten Regeln der Technik durch den Bodenleger immer zu beachten. Dasselbe gilt bei einem VOB-Vertrag, der dies in § 13 Abs. 1 VOB/B festschreibt. Daran kommt der Bodenleger gar nicht drumherum. Definiert werden die allgemein anerkannten Regeln der Technik damit, dass es stets eine echte Anerkennung der Regel in der Theorie und Praxis gibt.

Dies ist dann der Fall, wenn die Regel der Richtigkeitsüberzeugung der technischen Fachleute im Sinne einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung entspricht und darüber hinaus in der Praxis erprobt und bewährt ist. Auf beiden Stufen muss die technische Regel der überwiegenden Mehrheit der technischen Fachleute von der Richtigkeit und von der Anwendbarkeit in der Praxis ausgehen.

Dafür ist nicht notwendig, dass diese Regeln schriftlich niedergelegt wurden. Jedoch kann man sagen, dass die meisten allgemein anerkannten Regeln der Technik schriftlichen niedergelegt sind, so beispielsweise in DIN-Normen oder in Merkblättern (TKB-Merkblätter).

Zu den DIN-Normen ist klarzustellen, dass DIN-Normen keine Rechtsnormen sind, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, die nicht unbedingt die allgemein anerkannten Regeln der Technik widerspiegeln müssen, insbesondere wenn sie veraltert sind. Deshalb können DIN-Normen die anerkannten Regeln der Technik widerspiegeln oder aber hinter ihnen zurückbleiben. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, welche DIN-Norm gerade gilt, sondern allein entscheidend ist, ob die erbrachte Werkleistung den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Denn die Regeln der Technik können sich im Laufe der Zeit lautlos weiterentwickeln und die festgeschriebene DIN-Norm kann dahinter zurückbleiben. So verliert eine veraltete DIN-Norm ihre Bedeutung, da sie nicht mehr den Erkenntnissen von Theorie und Baupraxis entspricht. Auf diesem Weg kann eine DIN-Norm aus dem Regelwerk ausscheiden. Das führt dazu, dass es in der Praxis auch für Sachverständige oftmals schwierig ist, die anerkannten Regeln der Technik für ein bestimmtes Gewerk verbindlich zu bestimmen.

Hier ist auch der Ansatzpunkt dafür, wenn man ein Sachverständigengutachten angreifen will. Dann ist es unabdingbar, dass man einen Privatgutachter zurate zieht, der dazu Stellung nimmt, ob die von dem Sachverständigen herangezogene DIN-Norm überhaupt den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Grundsätzlich ist rechtlich anerkannt, dass DIN-Normen die Vermutung in sich haben, die allgemein anerkannten Regeln der Technik wiederzugeben.

Diese Vermutung bedeutet eine echte Beweislaständerung mit der Folge, dass derjenige, der eine DIN-Normen zu Fall bringen will, hierfür beweispflichtig ist. Deshalb gilt folgende Beweislastregel: Wer sich mit einer Bauleistung an ein technisches Regelwerk hält, kann die widerlegliche Tatsachen Vermutung ordnungsgemäßer Arbeit für sich erst mal in Anspruch nehmen. Es ist der Auftraggeber, der dann zu beweisen hat, dass der Unternehmer trotz Einhaltung von DIN-Normen die anerkannten Regeln der Technik nicht beachtet hat.

Andersrum gilt jedoch auch, dass die Nichteinhaltung eines technischen Regelwerks grundsätzlich einen Mangel beinhaltet. Ist demnach eine Bauleistung nicht entsprechend den Vorgaben einer DIN-Norm ausgeführt worden, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine mangelhafte Leistung des Unternehmers.

In dem Zusammenhang ist fraglich, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung maßgeblich ist, ob die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden. Dies ist durch eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Jahre 1985 geklärt worden. Zunächst hat man hierüber gestritten, ob es auf den Zeitpunkt der Planung, des Vertragsabschlusses, der Herstellung, auf den Zeitpunkt der Abnahme ankommt oder auf den Tag der letzten mündlichen Verhandlung in einem Baumängelprozess.

Es ist durch den BGH jetzt entschieden, dass auf den Zeitpunkt der Abnahme abgestellt wird. Ändern sich nach einer Abnahme die technischen Regeln, so hat dies grundsätzlich für den Bodenleger keine nachteiligen Folgen. Seine bei Abnahme mangelfrei erbrachte Bauleistung bleibt es. Wenn der Unternehmer nach Vertragsschluss, aber während der Bauausführung erkennen kann, dass sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik geändert haben und seine Leistung bei Abnahme deshalb nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, so muss der Bodenleger seinen Auftraggeber zwingend darauf hinweisen. Dies wird in der Baupraxis vielfach unterlassen. Das kann nicht gut gehen. Der Bodenleger ist hier zu einem konkreten Bedenkenhinweis an den Auftraggeber verpflichtet.

Der Bodenleger sollte immer den Auftraggeber entscheiden lassen, wie weiter verfahren werden soll. Dies ist nicht Aufgabe des Bodenlegers und sollte dieser auch nicht selbst lösen. Alles andere führt zur zu einem Mangel und damit zu einer Haftung des Bodenlegers.

Damit einhergeht in den meisten Fällen auch eine Änderung der Bauleistung und des Bauablaufs, was wiederum zu Zusatzkosten führt. Wenn der Bodenleger diese Zusatzkosten verdienen will, so sollte er einen solchen Bedenkenhinweis auch aus diesen Gründen unbedingt abgeben.

Darüber hinaus soll auch vor einer weiteren Fallkonstellation gewarnt werden und zwar, dass der Bodenleger einfach von den allgemein anerkannten Regeln der Technik eigenmächtig abweicht. So ist das bei Sonderkonstruktionen oder neuen Werkstoffen der Fall. Bei neuen Werkstoffen ist es meistens so, dass es noch keine anerkannten Regeln der Technik gibt. Dann muss dem Bodenleger klar sein, dass das Werk mangelhaft ist. Denn für die Annahme eines Baumangels ist bereits ausreichend, dass eine Unwissenheit über die Risiken des Gebrauchs besteht. Wer deshalb neue, von den Regeln der Technik abweichende Wege beschreitet, muss also als Fachunternehmer prüfen, ob er die gestellten technischen Anforderungen und die dauerhaft funktionstaugliche Leistung überhaupt herstellen kann. Hierüber muss der Auftraggeber wiederum in einem Bedenkenhinweis schriftlich aufgeklärt werden. Dies wird nicht einfach sein, insbesondere wenn der Auftraggeber ein Verbraucher ist. Hier müssen rechtliche Klimmzüge erfolgen, die auf jeden Fall rechtlich begleitet werden müssen. Allein auf die Risiken eines neuen Baustoffes oder einer neuen Baumethode hinzuweisen, reicht hierzu nicht aus. Vielmehr muss eine tatsächliche Risikoübernahme des Auftraggebers erfolgen, die rechtlich sehr anspruchsvoll ist, um der Haftung zu entgehen.

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Rechtsanwalt Carsten Seeger ist jetzt auch auf Youtube unter der Überschrift SEEGER – So geht Baurecht! zu finden. Weiter betreut er die private Gruppe Fußbodentechnik + Recht auf Facebook zu welcher er die Mitglieder des ZVR herzlich einlädt.
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